Studentischer Ideenwettbewerb von Beatrix Baltabol und Rebecca Faller
... Ideenwettbewerb zur Entwicklung einer großen Frankfurter Wissenschaftsachse mit eigener Identität
Die Stadt Frankfurt am Main, das dynamische Zentrum des Rhein-Main-Gebietes, ist nicht nur wichtiger Wirtschaftsstandort und bedeutendes Verkehrsdrehkreuz, sondern verfügt auch über ein großes Kulturangebot und eine lange Tradition als Stadt der Wissenschaften.
Ein besonderer räumlicher Hochschul- und Wissenschaftsschwerpunkt hat sich in den letzten Jahren entlang des nördlichen Teils des Frankfurter Alleenrings herausgebildet. Dort befinden sich der Campus Westend der Goethe-Universität, die Frankfurt School of Finance & Management (Frankfurt School) und die Frankfurt University of Applied Science (Frankfurt UAS), sowie die Deutsche Nationalbibliothek. Diese räumliche Verdichtung von Forschungs- und Kultureinrichtungen soll mit dem Vorhaben CAMPUSMEILE aufgegriffen und zu einer großen Wissenschaftsachse mit eigener Identität weiterentwickelt werden.
Städtebauliche Einordnung
Frankfurts Stadtgrundriss wird von Ringen und Radialen geprägt. Zwischen dem inneren Ring, den Wallanlagen und dem Frankfurter GrünGürtel liegt der Alleenring, ein ca. 12 km langer großzügiger gründerzeitlicher Straßenzug mit breitem, mittigem Grünstreifen. Der Alleenring war in seiner ursprünglichen Konzeption sowohl als Verkehrsverbindung, als auch Erholungsraum geplant. Die geplante CAMPUSMEILE ist Teil des Alleenrings.
Alleenring – Verkehrs- und Grünraum
Der gesamte Alleenring, und damit auch der Bereich der CAMPUSMEILE ist heute extrem vom Verkehr belastet. Hier mündet der westliche Abschnitt der A66 unmittelbar ins städtische Straßennetz. Die starke Kfz-Belastung führt zu Lärm und Gestank entlang des gesamten Straßenzugs. Die beidseitige Führung der Fahrstreifen macht den mittigen Grünzug schwer erreichbar und unattraktiv.
Dennoch verfügt der Alleenring in seiner heutigen Form auch über ein enormes Potential. Der breite Grünstreifen, der auf den meisten Teilstücken nach wie vor besteht, stellt mit seiner Gesamtfläche von rund 10 ha eine innerstädtische Grünfläche dar, die fast so groß ist wie der Frankfurter Zoo.
Die CAMPUSMEILE bildet den Auftakt zur Entwicklung des „AlleenParks“ und wird wichtiger Bestandteil. „AlleenPark“ und CAMPUSMEILE stärken einander und bilden in Zukunft ein neues Markenzeichen für Frankfurt (ähnlich wie Museums- und Mainufer).
Auf dem Alleenring im Abschnitt der CAMPUSMEILE besteht eine Verkehrsbelastung von ca. 35.000 bis 40.000 Fahrzeugen täglich. Die beidseitige Führung von bis zu vier Fahrstreifen und die häufige Unterbrechung durch die Verkehrsschneisen der Radialstraßen machen den Grünzug schwer erreichbar und unattraktiv, so dass er heute weitgehend ungenutzt ist. Die starke Kfz-Belastung führt darüber hinaus zu starken Schall- und Abgasemissionen.
Entwurfskonzept
Unser Entwurfskonzept verfolgt zwei Ansätze: Die Entwicklung des Alleenrings zu einem attraktiven, durchgängigen und die Stadt prägenden Grünzug, dem „AlleenPark“ und die Entwicklung der CAMPUSMEILE an der vielfältige wissenschaftliche und kulturelle Nutzungen über eine gemeinsame „grüne Mitte“ miteinander vernetzt und erweitert werden. Der Alleenring soll so als dritter Frankfurter Grünring, neben Wallanlage und GrünGürtel, wieder eine bedeutende Rolle, nicht nur als Hauptverkehrsschneise, im Stadtgrundriss einnehmen. Er soll, zu einem großartigen innerstädtischen Erholungsraum und einer attraktiven Rad- und Fußwegeverbindung umgestaltet werden.
Der Alleenring lässt sich in seinem Verlauf abhängig von den jeweils angrenzenden Funktionen und Nutzungen in unterschiedliche Abschnitte unterteilen. Die Gestaltung des Grünraums reagiert auf diese unterschiedlichen Charakteristika. So entsteht die abwechslungsreiche und unverwechselbare Marke „AlleenPark“.
CAMPUSMEILE
Die CAMPUSMEILE verbindet die an ihren äußeren Enden liegenden Hochschulstandorte der Goethe-Universität und der Frankfurt UAS mit der dazwischen liegenden Frankfurt School und der Deutschen Nationalbibliothek. Durch die Verringerung der Verkehrsfläche und die Aufwertung des Grünraums entlang des Alleenrings entstehen für diese Einrichtungen viele neue Entwicklungsmöglichkeiten. Unser Entwurf sieht verschiedene bauliche und städtebauliche Maßnahmen vor. An den Kreuzungspunkten der CAMPUSMEILE mit den großen Radialstraßen, den neuen wichtigen Orte der Mobilität, entstehen Plätze die den „AlleenPark“ unterbrechen. Hier bilden Hochhäuser städtebauliche Akzente.
Der Campus der Frankfurt UAS wird nach Süden erweitert. Ein Neubau mit gleicher Höhe wie das gegenüberliegende BCN Hochhaus schiebt sich leicht verdreht in den Grünraum der CAMPUSMEILE. Er bildet das neue Signet der Hochschule und bietet ausreichend Raum für Seminar- und Forschungsräume. Zudem werden Neu- und Ersatzbauten auf dem derzeitigen Campus vorgesehen.
Die Deutsche Nationalbibliothek kann ihren gewünschten Neubau auf der gegenüberliegenden Seite des Alleenrings verwirklichen. Hier ist ebenfalls ein städtebaulicher Hochpunkt vorgesehen. Dieser „Turm der Bücher“ trennt den entstandenen Freiraum in eine „städtische“ und eine „grüne“ Seite. Hinter dem Neubau, auf dem Gelände des derzeitigen REWE Marktes, sehen wir Gebäude für studentisches Wohnen vor. In diesen Bereichen ist in den Erdgeschosszonen eine Nutzung mit Läden und Gastronomie vorgesehen.
Die Frankfurt School erhält durch einen direkten Anschluss an den „AlleenPark“ eine attraktive Erweiterung ihres Campus. Auf dem benachbarten Grundstück könnten weitere Seminar- und Lernräume entstehen ebenso Raum für Startups, Coworking und Wohnen.
Die Frankfurter Goethe Universität hat 2001 ihren neuen Campus Westend bezogen. Im Süden bildet der „Poelzig-Bau“ ein großartiges Entree zum Campusgelände das Im Norden derzeit ungestaltet und unattraktiv an der vielbefahrenen Miquelallee endet. Mit der kürzlich getroffenen Entscheidung dort den Neubau der Universitätsbibliothek zu errichten entsteht ein wichtiger neuer Anziehungspunkt, der gleichzeitig den Auftakt der CAMPUSMEILE bildet. Auch hier setzen wir mit einem Hochhaus für Studentisches Wohnen und Coworking einen städtebaulichen Schwerpunkt. Mit der geplanten Verlängerung der U4 kann auch hier ein weiterer wichtiger Mobilitätsknoten entstehen.
Die neue attraktive Grünfläche des „AlleenParks“ mit Sport- und Erholungsflächen, „Lerninseln“ mit WLAN und attraktiven Rad-und Fußwegen zwischen den einzelnen Einrichtungen lädt dazu ein, sich auf der Campusmeile und zwischen den einzelnen Institutionen hin und her zu bewegen. So kann Vernetzung fast von alleine entstehen und Ressourcen können optimal genutzt werden.
Eine positive Entwicklung des Alleenrings und der CAMPUSMEILE ist ohne eine deutliche Verkehrsreduzierung kaum möglich. Die städtische Mobilität wird sich unserer Meinung nach in den kommenden Jahren sehr stark verändern. Mit der Umgestaltung der CAMPUSMEILE besteht in Frankfurt die Möglichkeit neue, radikale Verkehrsplanungsansätze mutig und mit Blick in die Zukunft voranzutreiben. Vorrang für Radfahrer und Fußgänger und ein intelligentes leistungsfähiges Nahverkehrssystem bilden hier den Grundstein der Veränderung.
# 01 // Freiraum statt Verkehrsraum!
Reduzierung der Fahrstreifen und Bündelung der Fahrspuren auf einer Seite
Der Entwurf sieht über die gesamte Länge des Alleenrings eine Reduzierung des Straßenquerschnitts für den MIV auf eine Fahrspur je Richtung sowie eine Höchstgeschwindigkeit von Tempo 30 vor. Die Spuren für den Kfz-Verkehr werden auf einer Seite des Grünzugs gebündelt.
# 02 // Ohne Auto in die Stadt!
Durch die Reduzierung der Fahrstreifenanzahl und der Geschwindigkeit wird die Durchfahrung des Stadtgebiets für den Durchgangsverkehr unattraktiv. Dieser soll großräumig auf dem Autobahnring A5/A3/A661 um die Stadt geführt werden.
Zudem soll das Fahren mit dem Auto bis in die Innenstadt reduziert werden. Zukünftig soll der Pkw an neuen P+R-Anlagen außerhalb der Stadt, an den Autobahnkreuzen abgestellt werden. Mit einem Schnellbus gelangt man von dort zum „Mobility Hub“ wo man auf den ÖPNV umsteigen kann.
# 03 // Sanfte Mobilität!
Priorität für Fußgänger und Radfahrer
Der Alleenring wird so umgestaltet, dass Fußgänger und Radfahrer sichere und großzügig dimensionierte Bewegungsräume erhalten. Flächen für den MIV werden reduziert.
# 04 // Neue Ringbahn „Grüne Linie“
Schnelle ÖPNV-Verbindung auf dem Grünen Ring
Auf dem gesamten Alleenring wird eine Schnellbahnlinie (je nach Entwurfsstand eventuell auch autonome Fahrsysteme) eingerichtet. Diese erhält eigene Fahrspuren und fährt mit sehr kurzer Taktung.
# 05 // Verknüpfung am „Mobility Hub“
Die Ringbahn stellt eine Verbindung zu den zahlreichen radial verlaufenden Stadtbahnlinien her. An diesen Kreuzungspunkten entstehen Mobilitätsknotenpunkte, die sog.“ Mobility Hubs“. Hier kann auf die zahlreichen Bahnlinien aber auch auf Carsharing Autos oder Leihfahrräder umgestiegen werden. Die „Mobility Hubs“ werden auch städtebaulich als besondere Orte ausgebildet. Sie stellen als besonders gestaltete Plätze Unterbrechungen im neuen Grünzug des Alleenrings dar, sie sind Orte der Bewegung und der Begegnung.
Status quo
Der Alleenring ist heute durch seine extreme Verkehrsbelastung geprägt. Mit zwei bis vier Fahrstreifen je Richtung, zusätzlichen Längsparkständen und Abbiegespuren dominiert der motorisierte Individualverkehr den gesamten Straßenraum. Die Fahrbahnen bilden eine starke Barriere aus, was dazu führt, dass der mittige Grünstreifen, der mit bis zu 30 m eine beachtliche Breite aufweist, weitestgehend ungenutzt bleibt. Die starken Lärm- und Abgasemissionen des MIV führen zu einer sehr eingeschränkten Aufenthaltsqualität im Straßenraum.
Schritt 1 // Testphase
In einer ersten Phase (Test- bzw. Aneignungsphase) werden im Bereich des nördlichen Alleenring die zwei nördlichen Fahrstreifen für den MIV gesperrt und ausschließlich für Radfahrer und Fußgänger freigegeben (eine Befahrung durch Rettungsfahrzeuge ist nach wie vor möglich). Der MIV und die vorhandene Buslinie werden auf der südlichen Seite des Straßenraums gebündelt. Das Tempo wird auf 30 km/h beschränkt. Zeitgleich zu dieser Maßnahme entstehen an den Anschlussstellen der Stadtautobahnen A66 und A 661 Park- und Ride-Anlagen mit kostenfreier Schnellbusanbindung. Ziel dieser Maßnahmen ist eine Verdrängung des reinen Durchgangverkehrs (derzeit ca. ¼ der Kfz auf dem nördlichen Alleenring) auf den äußeren Autobahnring (A5/A3/A661), eine Verlagerung des Pendler- und des innerstädtischen Verkehrs auf ÖPNV und Fahrrad. Der Grünstreifen wird langsam in Besitz genommen und die Umgestaltung zum „Alleenpark“ beginnt. In einem Zwischenschritt erhält der Bus eine eigene Spur je Richtung und der MIV wird auf eine Spur je Richtung reduziert.
Schritt 2 // Final
Der gesamte Straßenraum wird umgestaltet. Die Parkanlage reicht im Norden bis an die Vorzonen der Häuser. Im Süden verbleibt neben einem breiten Fußweg nur noch eine Fahrspur je Richtung für den Kfz-Verkehr bestehen. Die neue Ringbahn erhält eigene Spuren bzw. Gleisanlagen. Der teilweise begrünte „Multifunktionsstreifen“ zwischen Bahn und MIV nimmt Kurzhaltezonen und die Haltestellen der „Grünen Linie“ auf. Ein breiter durchgängiger Fahrradweg ergänzt die „Verkehrszone“ im Süden. Die sich anschließende Parkfläche erhält ein neues Wegenetz, das zum zu Fuß gehen einlädt, sowie vielfältige Spiel- und Sportmöglichkeiten, zahlreiche Sitzgelegenheiten und „Lerninseln“ mit WLAN Zugang.
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